Hände vor Laptoptastatur mit letzter Seite eines Drehbuchs

Tipps aus der Praxis
Motiviert und produktiv sein & bleiben

Als ich mit dem Drehbuchschreiben anfing, hatte ich enormen Respekt davor. Man*sie könnte auch sagen: Enormen Schiss davor, loszulegen. Ein Drehbuch erschien mir wie ein riesiger Berg, den ich mir nicht vorstellen konnte, zu bezwingen.

Irgendwann habe ich gemerkt, wie sehr es mir hilft, wenn ich Routinen entwickle, meine Arbeitszeiten regelmäßig einhalte und auch einen festen Arbeitsplatz habe.

Trotzdem steckte ich immer mal wieder fest. Mein Gehirn wollte herunter- oder gar nicht so richtig hochfahren. Ich starrte auf den Bildschirm und dachte an alles Mögliche, nur nicht an die Story, die ich da gerade schreiben sollte. Meine Arbeitstage fühlten sich wenig produktiv an und meine Motivation war auch schwer beizubehalten.

Über die Jahre habe ich mir – wohl oder übel – Taktiken zulegen müssen, die mir in solchen Momenten weiterhelfen. Im Folgenden möchte ich drei dieser Tipps plus einen Bonustipp teilen. Sie sind – auch für mich – kein Allheilmittel und, klar, jede*r tickt ein bisschen anders. Aber mir helfen sie meistens gut, um motiviert und produktiv zu bleiben.

Tipp 1: Mehrere Stoffe gleichzeitig

Generell halte ich es für wichtig, dass du dich nicht komplett auf einen einzigen Stoff konzentrierst.

„Aber ist es nicht gut, sich voll und ganz in DEN EINEN Stoff fallen zu lassen?“

Jein. Es ist wichtig, bei jedem Stoff mit Herzblut bei der Sache zu sein. Denn nur dann kannst du emotional an den Stoff anknüpfen und deine Emotionen in den Stoff fließen lassen. Gleichzeitig ist Drehbuchschreiben ein komplexer Prozess, der oftmals deine ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert – und deine Zeit.

Trotzdem kann es gefährlich werden, wenn du all deine Energie auf nur einen Stoff verwendest: Dann hängt ganz schnell dein ganzes berufliches Selbstverständnis an diesem einen Stoff. Und all dein emotionales Investment.

Und wir Autor*innen sind erstaunlich gut darin, auch unser ganzes Selbstbewusstsein an
die Stoffe zu knüpfen, die wir gerade schreiben. Wenn dieser Stoff scheitert wird es ein harter Schlag für dich. Es wird schwer werden, dich wieder aufzurappeln und dir ein neues Projekt zu suchen. Und dann stellst du dich vielleicht auch gleich noch selbst noch in Frage:

„Kann ich überhaupt schreiben?“

Und die nüchterne Realität ist: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Stoff scheitert ist immer höher, als dass ein Stoff realisiert wird. Selbst bei erfahrenen Drehbuchautor*innen.

Insofern ist es psychologisch wichtig, mehrere Projekte, zumindest in der Hinterhand, zu haben – und damit die Last der Emotion und Hoffnung auf mehrere Stoffe zu verteilen.

Es hat aber auch einen ganz pragmatischen Mehrwert: Wenn du vom Drehbuchschreiben leben willst, wirst du lernen müssen, an mehreren Projekten gleichzeitig zu arbeiten, weil du ansonsten, beim Scheitern eines Projektes zu lange Phasen ganz ohne Arbeitsauftrag überbrücken musst.

Ich selbst habe außerdem festgestellt, dass ich ein Limit habe. Ich kann nicht länger als 3–4 Stunden konzentriert an einem Stoff arbeiten kann. Ein zweiter Stoff für die andere Tageshälfte setzt in mir aber nochmal neue Energien frei, die ich für einen einzigen wohl nicht oder nur in Ausnahmefällen aufbringen könnte.

Tipp 2: Nur einen Stoff pro Aggregatszustand

Auch wenn ich gleichzeitig an mehreren Stoffen arbeite, achte ich jedoch darauf, dass sich diese in jeweils unterschiedlichen Aggregatszuständen befinden.

Während ich also z. B. einen Stoff als Drehbuch ausschreibe, mache ich mir über den anderen konzeptionelle Gedanken. Oder während ich ein Projekt überarbeite, schreibe ich ein anderes ganz frisch, in einer ersten Fassung. Denn diese unterschiedlichen Schreibaufgaben beanspruchen unterschiedliche Anteile meiner Kreativität:

  • Planen und Überarbeiten forden mein analytisches Denken, während ich
  • beim Ausschreiben viel eher Fantasie und Intitution freien Lauf lasse.

Das ist in der Praxis (leider) nicht immer machbar. Und es gibt auch Zeiten, in denen ich an zwei Drehbüchern oder zwei Konzepten gleichzeitig arbeite (dank Tipp Nr. 1 allerdings auch wieder motivierter).

Solange ich es mir aber einrichten kann, suche ich mir Stoffe in unterschiedlichen Aggregatszuständen aus, um noch effektiver parallel an mehreren Stoffen zu arbeiten.

Tipp 3: Lieber kurze, intensive Sprints als lange Qual

Da ich, wie erwähnt, ein ganz natürliches Limit habe, wie lange ich täglich an einem Stoff arbeiten kann, widme ich mich lieber für 3–4 intensive Stunden einem Stoff, als dass ich für 8 – unmenschliche – Stunden versuche, auf Teufel komm raus dranzubleiben.

Auch hier gibt es Ausnahmen, die 8- oder auch 12-Stunden-Schichten erfordern. Deswegen kann ich aus Erfahrung sprechen, dass meine Leistungskurve nach vier Stunden konsequent nur noch in eine Richtung führt: In den Keller.
Pro Stunde sinkt mein Output weiter und weiter. Ich bin nur halb so effektiv – und am Ende des Tages fertig mit der Welt.

Wenn es sich also vermeiden lässt – und das lässt es sich in den meisten Fälllen –, dann arbeite ich am besten in konzentrierten Sprints.

In solchen Sprints, die dann natürlich auch kurze Verschnaufpauen beinhalten, gilt:

  • keine E-Mails,
  • keine Telefonate und
  • kein Geschirrspüler.
  • Reines Arbeiten.

Denn dann bekommt der Stoff die Aufmerksamkeit und die Emotion, die er verdient.

Und danach bin ich dann auch für den Tag fertig mit dem Stoff und bearbeite einen anderen. Oder ich widme mich einer ganz anderen Tätigkeit.

Bonustipp: Spaziergänge

Aprospos Verschnaufpausen. Auch wenn in meiner Arbeitszeit jede Minute wertvoll ist, so habe ich doch gemerkt, dass das nicht heißt, dass ich keine Pausen machen darf. Ganz im Gegenteil.

Ich habe es mir sogar angewöhnt, dass ich mindestens zwei Spaziergänge pro Arbeitstag mache. Also tatsächlich aufstehe, den Arbeitsplatz verlasse und 10–20 Minuten an die frischen Luft gehe.

Dabei

  • lasse ich die Gedanken schweifen,
  • höre Musik oder
  • einen Podcast.

Ich liebe es mir Interviews mit und Podcasts von erfolgreichen Drehbuchautor*innen anzuhören. Es bringt mich oft auf neue Heransgehensweisen oder Lösungsansätze. Und es motiviert mich auch: Auch ich möchte erfolgreich sein! Wie mache ich das? Indem ich weiterschreibe 😉

Abgesehen davon sorgt die Pause für Frische im Kopf – und die Bewegung auch. Und als Vielsitzer kann ich die Bewegung ohnehin gebrauchen.

Die Spaziergänge haben mir geholfen, dass es mir mental einfach besser geht und mein Rücken bedankt sich auch.

Die Angst, dass ich durch die Spaziergänge Arbeitszeit verliere, ist völlig unbegründet. Denn die „verlorene“ Arbeitszeit hole ich doppelt wieder rein, weil ich

  • erholt,
  • weniger erschöpft und damit
  • viel produktiver bin.

Fazit

Ich bin sehr froh, dass ich mir diese Taktiken angeeignet habe. Wie gesagt, sie helfen nicht immer und vielleicht in dieser Form auch nicht jedem*r gleich. Für mich sind sie wichtiger Betandteil meines Arbeitstages.

Mit mehreren Stoffen gleichzeitig, diese möglichst in verschiedenen Aggregatszuständen, kurzen Sprints sowie Spaziergängen lässt sich mein Arbeitsalltag produktiv gestalten. Der „Berg eines Drehbuchs“ wird sozu bewältigbaren Touren – und ich habe Spaß mit meinen Stoffen.

Ich hoffe, dass dir diese Tipps helfen oder Anstöße geben. In weiteren Artikeln haben Robert und ich uns mit dem Drehbuchschreiben oder mit Schreibblockaden beschäftigt.

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Florian Puchert
Florian Puchert
Freier Drehbuchautor, Regisseur und Dramaturg. Honorarprofessor für Drehbuch am Lehrstuhl Creative Writing bei Doris Dörrie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München.
Storyboard von Benjamin Kniebe
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