MAESTRO ist ein unkonventionell erzähltes Biopic, dem vielleicht letzten Endes die ganz große Oscar-Liebe auch gerade deshalb verwehrt blieb. Denn bisweilen ist Maestro erzählerisch und inszenatorisch erstaunlich gegen den Strich gebürstet.
Und dennoch benutzten die Drehbuchautoren Josh Singer & Bradley Cooper Erzählwerkzeuge, die wir in jedem Genre und Format verwenden können.
Ich möchte ein Beispiel aus MAESTRO zum Anlass nehmen, um mich auf die alte Maxime „Show, don’t tell“ zu stürzen. Es geht also um das VISUELLE ERZÄHLEN. Und nein, rein visuelles Erzählen muss nicht immer besser sein, als ein packender, dramatischer Dialog. Sonst wären beispielsweise Aaron Sorkins Meisterwerke (z. B. THE SOCIAL NETWORK oder STEVE JOBS) von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
ABER: Es lohnt sich trotzdem beim Drehbuchschreiben darüber nachzudenken, welche Elemente der Story rein visuell erzählt werden können. Maestro bietet hier eine Szenenfolge, die so simpel wie wirkungsvoll ist.
Nach einem längeren Dialog, in der das Ehepaar Leonard Bernstein (Bradley Cooper) und seine Frau Felicia Montealegre (Carey Mulligan) wortreich um den heißen Brei ihrer persönlichen Probleme herumreden, folgt eine Montage rein visuellen Konflikts:
Bei einer Premiere hält Bernstein während der Vorstellung mit seinem Liebhaber Händchen, nicht mit seiner Frau. Felicia geht im folgenden Blitzlichtgewitter nach Hause, ohne sich zu verabschieden. Nachts stellt sie Leonard dann die Pantoffeln vor die Schlafzimmertür.
Nichts davon ist besonders subtil oder weltbewegend neu – aber es funktioniert als visueller Kontrapunkt zum vorangegangenen Dialog und entfaltet gerade durch das Fehlen gesprochener Worte eine große Intensität. Und weil hier die Autoren einfache Bilder mit großem Effekt benutzen, finde ich es ein ermutigendes Beispiel, das visuelle Storytelling nicht zu vernachlässigen!
MAESTRO (2023)
Drehbuch: Josh Singer & Bradley Cooper
Regie: Bradley Cooper