AMERICAN FICTION ist eine vielschichtige Adaption des Romans „Erasure“ von Percival Everett, die gekonnt mit verschiedenen Tonalitäten spielt und dabei beißende Satire mit emotionalem Drama kombiniert.
Doch was mich hier als Schreib-Inspiration geradezu angesprungen hat, war der unmittelbare Einstieg: mitten in den Konflikt.
Obwohl sich der Film (auch im I. Akt) viel Zeit lässt, seine Welt und Figuren zu etablieren, bevor seine satirische Prämisse voll greift, hat sich Autor und Regisseur Cord Jefferson für einen „schnellen“, konfliktreichen Einstieg entschieden:
In den ersten drei Minuten springen wir direkt in den ersten AUSLÖSER der Geschichte: Der Autor und Literatur-Professor THELONIOUS ELLISON (Jeffrey Wright) gerät mit einer Studentin über seine Benutzung des N-Worts im Bezug auf dessen literarische Verwendung in Konflikt – und wird Aufgrund dieses Konflikts beurlaubt.
Diese ersten Momente erzählt Cord Jefferson in rasender Geschwindigkeit: Er wirft uns ohne Vorbereitung mitten in den Konflikt und beschränkt sich selbst hier auf die absolute Essenz der Geschehnisse.
Jefferson zeigt dabei Mut zu radikalen Ellipsen und großer Verdichtung. Es ist das Gegenteil von einer „langsamen“ Exposition und dennoch begreifen wir gerade in diesem den Kern von Thelonious‘ Charakter. Zudem erweckt dieser Erzählstil unsere Neugier – und schafft Vertrauen, dass der Autor es versteht, uns in packende, dramatische Situationen zu führen.
Wir sind im Folgenden also bereit, daran zu glauben, dass die Geschichte trotz eines langen ersten Akts auch zu einem packenden Hauptkonflikt finden wird. Und ja, das tut sie!
Ohne diesen unmittelbaren Einstieg (der fast so etwas wie die Adaption eines Action-Film-Teasers für ein Drama darstellt) würden wir nicht so schnell in die Story gezogen und an die Hauptfigur herangeführt. Denn in diesen ersten Momenten stellen wir uns sofort die Frage: Wie wird das für Thelonious ausgehen?
AMERICAN FICTION (2023)
Buch & Regie: Cord Jefferson
Nach dem Roman von Percival Everett