Kreativ-Agent mit Headset vor Hollywood-Kulisse am Schreibtisch

Talk to my Agent
Brauche ich eine (Drehbuch-)Agentur?

Für alle Autor*innen, die professionell arbeiten wollen, stellt sich früher oder später die Frage nach einer Agentur. Lohnt es sich einen Teil deines hart erschriebenen Einkommens abzutreten? Was macht der*die Agent*in eigentlich für dich? Und wie kommst du zu ihnen?

Was dafür und was dagegen spricht, sich eine Drehbuch-Agentur zu suchen, schildere ich dir aus meiner Sicht, sowie die Vor- bzw. Nachteile und eine Anleitung was du tun musst, wenn du eine Agentur haben möchtest – oder auch, wenn nicht.

Deutschland ist nicht Hollywood

Wie immer findest du auch zum Thema Drehbuchagenturen im Netz viel mehr Infos über die Lage in den USA: Dort geht als Drehbuchautor*in anscheinend so gut wie nichts ohne eine*n Agent*in. Also ohne eine Person, die die Interessen des*der Autor*in vertritt, beste Kontakte in die Branche hat und von den neuen Stoffgesuchen und Open-Pitch-Assignments der Studios weiß.

Und wie bei allen Drehbuchthemen ist das in Deutschland zwar in manchen Teilen ähnlich, aber dafür in anderen Aspekten ganz, ganz anders.

Die Situation bei uns

In Deutschland braucht man nämlich NICHT UNBEDINGT eine Agentin oder einen Agenten. Es gibt erfolgreiche Drehbuchautor*innen, die sich entweder komplett selbst vertreten, also auch ihre eigenen Vertragsverhandlungen führen oder ihre Verträge von Medienanwält*innen verhandeln lassen und auf eine Agentur verzichten.

Für diese Profis war und ist es also kein Hindernis, nicht von einer Agentur vertreten zu werden.

Welche Argumente sprechen trotzdem dafür. Und welche dagegen?

Contra: keine Agentur

Der offensichtlichste Minuspunkt: Du musst für die Agenturleistungen BEZAHLEN.

Normalerweise gehen zwischen 10 und 15 Prozent deines Honorars an die Agentur, wobei letzteres eher Standard ist. Vor allem wenn die Agentur auch Akquise betreibt, also dir bei der Projektsuche hilft. Die prozentuale Beteiligung an deinen Einnahmen wird im Vorfeld festgelegt und gilt für all deine Schreibjobs.

Ja, für alle, denn im Normalfall wirst du exklusiv von einer Agentur vertreten. Das heißt, du kannst nicht nach Lust und Laune weitere Aufträge „an der Agentur vorbei“ oder über eine andere Agentur annehmen.

Zudem: Zwischen Agentur und Autor*in braucht es ein echtes Vertrauensverhältnis. Schließlich musst du dich darauf verlassen können, dass jemand anders für dich das beste aus einem Vertrag herausholen wird.

Und dann kann die Kommunikation mit einer Agentur durchaus Zeit verschlingen: Du musst dich mit deinen Agent*innen in jedem Detail genau abstimmen und verbringst so, gerade wenn du erfolgreicher wirst, einige „Schreibzeit“ am Telefon.

Warum würde ich es den meisten Autor*innen trotzdem raten, sich eine Agentur zu suchen?

Pro: eine Agentur haben

Meiner Meinung nach erleichtert eine Agentur das Autor*innen-Leben ein großes Stück. Grund dafür sind die folgenden Punkte:

Doppelbelastung vermeiden

Es fängt schon damit an, dass ich für mich selbst nicht besonders gut verhandeln könnte, denn dazu müsste ich ein ziemlich schizophrenes Verhältnis mit der Produktionsfirma eingehen:

Auf der einen Seite müsste ich konstruktiv und offen für Ideen sein und sensibel am Stoff und Figuren arbeiten – und auf der anderen Seite müsste ich knallharte Geschäftsgespräche führen, verhandeln und dabei souverän und selbstsicher auftreten.

Dieser Spagat würde mir schwerfallen. Zumal ich mich als Autor verwundbar fühle: Was, wenn es gerade nicht so gut läuft im Stoff? Wenn ich mir inhaltlich mit der Produktion uneinig bin? Wenn ich selbst Zweifel an der Geschichte habe? Wie kann ich da im Worst Case gleichzeitig ein vertragliches Problem lösen und mit aller Überzeugung und Härte um meine vertragliche Position kämpfen?

Klare Rollenverteilung

Mir macht da eine klare Trennung das Leben deutlich einfacher: Das Wirtschaftliche bespreche ich mit meiner Agentur, das Inhaltliche mit der Produktion. Wegen dieser klare Rollenverteilung, muss ich keine mentalen Balanceakte vollführen.

Gemeinsam statt alleine

Zugleich kann einem die Agentur auch eine gute Gesprächspartnerin bei großen und kleinen Karriereentscheidungen sein:

  • Soll ich ein bestimmtes Projekt annehmen?
  • Was sind die möglichen Plus- und Minuspunkte meiner Projektauswahl?
  • Arbeite ich an genug Projekten oder eher an zu vielen?
  • Wie machen das andere Autor*innen in der Agentur?

Kämpfer*innen für DICH

Die Agentur arbeitet für DICH. Und sie verdient nur dann, wenn auch du verdienst. Sie hat also ein selbstverständliches Interesse an deinem Erfolg. Die Agentur übernimmt dabei die Rechnungsstellung – und noch viel, viel, viel wichtiger das Eintreiben eben jener Rechnungssummen (die Zahlungsmoral in der Branche lässt nämlich manchmal zu wünschen übrig …).

Eine Agentur kann dir helfen, die richtigen Kontakte zu finden, denn im Zweifelsfall kennt sie die Produktionslandschaft viel besser, als du das je könntest. Sie hat tagtäglich mit Produktionsfirmen zu tun hat.

So kannst du nicht nur die Kontakte, sondern auch den Wissenschatz nutzen, den deine Agentur besitzt: Stell ihr Fragen über Firmen und Produzent*innen und finde mit ihrer Hilfe heraus, ob ein Stoff und ein*e Produzent*in zusammenpassen.

Das hilft auch bei der große Frage: Wohin mit deinem Stoff?

Immer wieder wenden sich nämlich auch Produktionsfirmen mit Suchanfragen an die Agenturen, die diese an ihre Klient*innen – also auch an DICH – weitergeben können.

Daneben betreiben viele Agenturen auch Akquise: Sie suchen aktiv für dich nach Aufträgen oder halten die Ohren offen, wenn du dir spezielle Jobs wünschst.

Manche Agenturen können durchaus auch als dein „Manager“ auftreten und dich dahingehend beraten, welche beruflichen Schritte für dich sinnvoll sein könnten. Sie bieten zudem auch dramaturgische Hilfe, lesen z. B. deinen Stoff und geben Feedback.

Solche Serviceleistungen können sich allerdings von Agentur zu Agentur stark unterscheiden. Da musst du nachfragen und wissen, was dir persönlich wichtig ist.

Wie kommst du an eine Agentur?

Das klingt ja alles wunderbar, bringt uns aber zu der Frage: Wie kommst du überhaupt an so eine Agentur!? Dafür gibt es unterschiedliche Wege.

Eines vorweg: Für blutige Anfänger*innen wird es nicht einfach. Und je weniger Schreiberfahrung du vorzuweisen hast, desto härter wird es für dich.

In jedem Fall solltest du mindestens eine überzeugende Arbeitsprobe im Gepäck haben (also ein LANGFILMDREHBUCH oder ein EPISODENDREHBUCH). Ohne das geht es nicht. Besser natürlich: MEHRERE überzeugende Arbeitsproben.

Und noch besser sind Erfolge. Hast du Preise mit einem Kurzfilm gewonnen? Oder mit einer Kurzgeschichte? Hast du ein Theaterstück geschrieben, das aufgeführt wurde? Oder irgendwo einen Roman veröffentlicht? Oder vielleicht regelmäßig für eine Zeitschrift oder ein Magazin geschrieben?

Hast du eine Ausbildung an einer der wichtigen Filmhochschulen oder Drehbuchwerkstätten absolviert? Oder wurde eines deiner (Kurzfilm- oder Drehbuch-)Projekte von der Filmförderung gefördert?

All das kann helfen.

Was in jedem Fall hilft, ist ein Arbeitsauftrag.

Kontakte knüpfen

Das heißt: Du musst mit Produktionsfirmen in Kontakt treten und diese von einem oder mehreren deiner Stoffe überzeugen. Oder schlicht von dir selbst. Dann kommt die Produktionsfirma vielleicht mit einem Projekt auf dich zu.

TIPP: Es gibt neben den ganz großen, etablierten Namen auch viele, kleinere Produktionsfirmen, an die du bisweilen als Nachwuchsautor*in besser herankommen kannst.

Ein erster Schreibjob

Denn wenn du einen konkreten Auftrag in der Tasche hast – also z. B. ein Exposé, ein Konzept oder einen Pitch, den du schreiben sollst – dann zeigst du damit der Agentur, dass du ein ernstzunehmender, angehender Profi bist, der Aufträge an Land ziehen kann.

Manchmal verhandeln Agenturen so einen Auftrag dann auch „probeweise“ und ihr bekommt Gelegenheit, euch zu beschnuppern – die Agentur und du –, bevor ihr euch das „Ja-Wort“ gebt – oder eben doch getrennte Wege geht.

Es öffnet in jedem Fall Türen, wenn du dich nicht nur als Autor*innen-Nachwuchs vorstellst, sondern gleichzeitig sagen kannst: „Ich hätte auch schon ein Projekt, bei dem konkret ein Vertrag verhandelt werden muss.“ Auch, wenn es sich noch um einen kleinen Auftrag handelt!

Eine Aufgabe bleibt

Selbst wenn du von einer Agentur vertreten wirst, heißt das allerdings nicht, dass du dich von nun an vor Schreibangeboten nicht mehr retten kannst. Es lohnt sich immer, selbst Aufträge an Land zu ziehen, und deshalb solltest du das üben.

Höre ich da ein „Aber ich kenne doch keine Produktionsfirmen…“?

Dann liegt es an dir, Wege zu finden, Produzent*innen kennenzulernen!

Möglichkeiten gibt es dazu einige und es hängt von deiner Persönlichkeit ab, welche Methode dir am besten liegt: Branchenveranstaltungen, Podien, Filmfestivals, Kaltakquise über Anrufe oder E-Mails, Kontakt zu anderen Nachwuchs-Drehbuchautor*innen knüpfen, manchmal sogar Wettbewerbe und Ausschreibungen … die Liste ist lang.

Am allerbesten eignen sich natürlich Arbeiten in der Filmbranche als Kontakt-Katalysator: Praktika, Volontariate oder andere Jobs bei Produktionsfirmen, Verleihern oder Sendern.

Wenn du es erst einmal ohne Agentur versuchen willst, dann wird das sowieso zu deinen Hauptaufgaben neben dem Schreiben gehören: Leute kennenzulernen und ein Netzwerk aufzubauen, dem du deine Ideen vorstellen kannst.

Fazit

Wer in Deutschland als professionelle*r Drehbuchautor*in arbeiten will, kommt nicht darum herum, sich auch darum zu kümmern, Kontakte zu knüpfen und Aufträge an Land zu ziehen. Wenn du mit deinen Stoffen Geld verdienen willst, brauchst du auch jemanden, der sie dir abkauft – und eine Agentur kann dir dabei helfen.

Natürlich kostet dich das einen Teil deines hart erarbeiteten Lohns und du bist für die Dauer deines Vertrags an die Agentur gebunden.

Allerdings hilft eine Agentur dir auch, Doppelbelastungen zu vermeiden und eine klare Rollen-verteilung gegenüber der Produktionsfirma zu wahren.

Agenturen besitzen außerdem einen reichen Wissensschatz, den du für dich nutzen kannst – sei es zur Bildung neuer Kontakte, für Hilfe bei Karriereentscheidungen oder dem Finden neuer Stoffe.

Der Einstieg als Neuling bedeutet Arbeit für dich: Denn um eine Agentur zu finden, musst du dich erst einmal in der Branche bekannt machen. Am besten funktioniert das über bereits bestehende Projekte oder Erfolge, die du für dich verbuchen konntest. Nach dem ersten Schreibjob und insbesondere dann mit der Hilfe einer Agentur wird alles einfacher.

Wie du siehst, ist es nicht zwingend notwendig, sich von einer Agentur vertreten zu lassen. Allerdings würde ich es dir zu hundert Prozent empfehlen! Eine Agentur hält dir den Rücken frei, damit du dich auf das stürzen kannst, was du eigentlich machen willst: Schreiben!

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Florian Puchert
Florian Puchert
Freier Drehbuchautor, Regisseur und Dramaturg. Honorarprofessor für Drehbuch am Lehrstuhl Creative Writing bei Doris Dörrie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München.
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Storyboard von Benjamin Kniebe
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